Die Republikanische Partei als Motor der Polarisierung in den USA

Viel wird in den Medien und auch den Sozialwissenschaften über die Polarisierung in den USA geschrieben und diskutiert. Was sind die Faktoren, die die Polarisierung vorantreibt, was sind die Konsequenzen? Und wer ist überhaupt polarisiert? Die Eliten oder die Gesellschaft oder beide? Klare Erkenntnisse hat die Forschung bislang nicht gezeigt. Allerdings ist durch die Forschung inzwischen doch deutlich geworden, dass die Polarisierung bei den politischen Eliten stärker ausgeprägt ist als in der Gesellschaft und Eliten-Polarisierung sich zeitlich eher gezeigt hat als die Polarisierung in der Gesellschaft. Das verschiebt den Fokus bei der Frage nach möglichen Ursachen. Und eines ist inzwischen auch unbestreitbar, – und das haben insbesondere die Studien von Thomas Mann und Norman Ornstein gezeigt – dass die Polarisierung asymmetrisch verläuft. Die Republikaner sind deutlich konservativer geworden, während die Demokraten nur marginal nach links gerückt sind. Das zeigt sich klar im Abstimmungsverhalten im Kongress. Die Krise in den USA also in erster Linie versucht durch die Republikanische Partei? Eine solche Diagnose würde zwar zu kurz greifen, lenkt aber den Blick auf Entwicklungen in der Republikanischen Partei, die in ihrer Bedeutung für die Probleme in der repräsentativen Demokratie thematisiert werden müssen. Die Politikwissenschaftlerin Francis E. Lee hat dies empirisch gezeigt

 

Entlang zweier Dimensionen zeigen sich Probleme in der Repräsentation, und zwar in einer Art Entkoppelung der Repräsentanten von den Repräsentierten. In der sozio-ökonomischen Dimension betrifft dies beide Parteien gleichermaßen: die Politiker im Kongress haben immer mehr Vermögen und auch eine bessere Ausbildung als die US-Gesellschaft insgesamt. Inzwischen haben alle Mitglieder im Kongress zumindest einen Bachelor-Abschluss. In der US- Gesellschaft sind dies aber nur knapp 38 Prozent. Und das Durchschnittsvermögen der Kongressabgeordneten liegt bei rund 1 Millionen US-Dollar. Bei den US-Haushalten liegt der Wert bei 160.000 Dollar. Solche Zahlen unterfüttern das Narrativ von einer abgehobenen politischen Elite, die nicht mehr die Interessen der US-Bürger repräsentiert. Insbesondere die politische Rechte mobilisiert immer wieder erfolgreich mit diesem Narrativ. Dabei ist es gerade die Republikanische Partei, die sich in den letzten Dekaden immer weiter weg von der US-Gesellschaft bewegt hat. Und das zeigt sich an verschiedenen zentralen Cleavages. Zum ersten „gender“. Lag der Anteil der Frauen im Kongress in beiden Parteien in der Zeit von 1970 bis 1990 noch fast gleichauf – allerdings auch gleich niedrig - bei unter 5 Prozent, ist der Anteil seit den 1990er Jahren bei den Abgeordneten der Demokratischen Partei kontinuierlich auf fast 40 Prozent im Jahr 2018 angestiegen. Ganz anderes bei den Republikanern, wo der Anteil der Frauen im selben Zeitraum immer noch bei unter 10 Prozent liegt und seit 2010 sogar wieder rückläufig ist. Ein gleiches Bild ergibt sich bei der Repräsentation von ethnischen Minoritäten. Unter den Demokratischen Abgeordneten ist auch der deren Anteil von rund 5 Prozent Ende der 1960er Jahre auf fast 40 Prozent im Jahr 2018 angestiegen. Und auch hier ein ganz anderes Bild bei den Republikanischen Abgeordneten: hier ist der Anteil nie über die 5 Prozent-Marke gestiegen. Interessant auch der Blick auf Religion. Bei den Demokraten ist der Anteil der Evangelikalen von 15 Prozent Mitte der 1960er Jahre auf unter 5 Prozent im Jahr 2018 zurückgegangen. Bei den Republikanern ging der Trend in die andere Richtung: der Anteil ist von rund 15 Prozent auf über 35 Prozent angestiegen.

 

Insgesamt sortieren sich die beiden bei den Parteien seit den 1990er Jahren im Kongress entlang zentraler Cleavages neu. Die Republikaner sind immer mehr eine Partei weißer evangelikaler Männer, während die Demokratische Partei im Kongress viel diverser aufgestellt ist. Und auch wenn Abgeordneten beiden Parteien nach sozio-ökonomischen Kriterien Vieles gemein haben, repräsentieren sie doch völlig unterschiedliche Gesellschaften. Das macht die Kooperation im Kongress schwierig und bisweilen unmöglich. Und die Entwicklung innerhalb der Republikanischen Partei erklärt auch die Eingangs thematisierte asymmetrische Polarisierung, die sich insbesondere in einer Entkoppelung der Republikanischen Partei von der gesellschaftlichen Wirklichkeit zeigt.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0