Biden und Trumps Popularität im Wahljahr

Populär sind die beiden Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf nicht, ganz im Gegenteil: selten waren Kandidaten im Präsidentschaftswahljahr so unpopulär wie in diesem Jahr. Lediglich 40 Prozent der Wähler insgesamt haben ein positives Bild von Joe Biden, sein Herausforderer Donald Trump kommt in solchen Wertungen auf knapp über 42 Prozent. Selbst im eigenen politischen Lager nehmen die Zustimmungswerte kontinuierlich ab: bei den Demokraten haben nur noch rund 75 Prozent ein positives Bild des amtierenden Präsidenten. Die Unterstützung Trumps bei den Republikanern ist sogar noch niedriger: nur noch 66 Prozent sehen den Herausforderer in einem positiven Licht. In Wahlumfragen zeigt sich momentan ein Kopf an Kopf Rennen. In einer jüngsten Umfrage von YouGov/The Economist kommen beide Kandidaten auf 43 Prozent. Über einen möglichen Wahlausgang sagen uns diese Daten wenig, weil es um eine Mehrheit im Electoral College geht, und die muss sich keinesfalls mit dem nationalen Wahlergebnis decken.

Aber was sagen uns diese Zustimmungs- und Umfrage-Daten über den Zustand der Demokratie in den USA? Ein positives Signal sind sie sicherlich nicht, die US-Bürger sind insgesamt ziemlich unzufrieden mit der Politik in den USA und das Vertrauen in das politische System sinkt kontinuierlich. Insbesondere das Vertrauen in die Bundesregierung hat deutlich abgenommen. Vertrauten 1960 noch knapp 80 Prozent der Regierung in D.C. hat sich der Wert seit einigen Jahren bei rund 20 Prozent auf einem sehr niedrigen Niveau eingependelt. Traditionell korrelierten solche Vertrauenswerte mit wirtschaftlichen Indikatoren: boomte die Wirtschaft, dann waren die Bürger auch mit der Arbeit der Regierung zufrieden. Aber dieser Zusammenhang wird schwächer. Das lässt sich primär durch zwei Entwicklungen erklären. Zum einen die ständig wachsende parteipolitische Polarisierung, in deren Folge auch die Kapazität zur Politikgestaltung im legislativen Prozess sinkt. Hier zeigt sich eine ambivalente Entwicklung: zum einen sind die Bürger unzufrieden mit dieser Polarisierung und fordern verstärkt überparteiliche Zusammenarbeit, um die anstehenden Probleme zu lösen. Anderseits verstärkt sich die Bindung der Bürger an eine der politischen Parteien kontinuierlich. Die Politikwissenschaft spricht hier schon von einer affektiven Polarisierung, die Parteibindung wird zum Teil der eigenen Identität, ein Wechsel in das andere politische Lager ist somit fast kategorisch ausgeschlossen. Selbst wenn man also mit dem „eigenen“ politischen Personal unzufrieden ist, für „die Anderen“ wird man nie stimmen. Was bleibt also bei Unzufriedenheit: die Wahlenthaltung. So erklärt sich auch, warum beide Kandidaten trotz dieser großen Unzufriedenheit nie unter einen bestimmten Zustimmungswert fallen. Man wählt nicht aus Überzeugung zum „eigenen“ politischen Personal, sondern um einen Wahlsieg der anderen Seite zu verhindern.

Die zweite Erklärung liegt in der aktuellen Realität multipler Krisen, die nicht ganz so neu ist, wie es manchmal suggeriert wird. Hier kann man einen Bogen von den Terroranschlägen am 11. September 2001 über die Finanzkrise 2008/2009 und die Covid Krise bis zu den aktuellen Kriegen in der Ukraine und Israel ziehen, in deren Folge auch die wirtschaftliche Entwicklung massiv gelitten hat. Die hohen Energiekosten und Inflationsraten sind der sichtbare Ausdruck dieser Entwicklung. Die Menschen sind verunsichert und trauen den etablierten politischen Akteuren keine Lösung dieser Probleme zu, es wird nach Alternativen gesucht und manchmal werden auch Forderungen nach einem starken Mann laut, der die Probleme lösen kann, notfalls auch außerhalb des etablierten demokratischen Spielfeldes. Trump nutzt diese Unzufriedenheit geschickt aus mit seiner rechtspopulistischen Mobilisierung. Er präsentiert sich als Außenseiter, der gegen die politischen Eliten für das „Volk“ agiert. Der Kampf gegen den Deep State wird zum zentralen Wahlkampfthema. Die zahlreichen Gerichtsverfahren deutet Trump dann auch geschickt in dieser Weise um: Das Establishment versucht ihn auszugrenzen, zu verhindern und will ihn zerstören. Momentan lässt sich das Lager der Unterstützer Trumps in drei Lager aufteilen: die gemäßigten Republikaner, die in Trump im Vergleich zu Biden das kleinere Übel sehen (die affektive Polarisierung lässt grüßen), die verunsicherten Wähler, die nach Orientierung und einfachen Lösungen in einer komplexen Welt suchen und die rechtsextreme Wählerschaft, die Trump mobilisiert und die 2016 zum ersten Mal bei Wahlen aktiv geworden ist und seitdem zur treuen Anhängerschaft Trumps zählt.

Für beide Kandidaten geht es um November in erster Linie darum, die eigenen Wählerschaft an die Wahlurne zu bringen. Wem dies besser gelingt, der hat guten Chancen im Januar 2025 erneute ins Weiße Haus einzuziehen. Momentan hat hier Trump die Nase vorn, seine Anhängerschaft ist enthusiastischer als die Biden Anhänger. Die Demokraten hoffen dagegen, dass Trump auch die Demokraten an die Wahlurnen treibt, dann stehen die Chancen für Biden gut.

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